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Schneidbretter aus Holz versprühen den Charme der unberührten Natur und gelten deshalb im Volksmund als das natürlichste aller Materialien.

Wie sieht also der passende Holzleim für ein Schneidebrett aus? Dieser gilt in der schadstofffreien Wunschwelt als eventuelle Gefahrenquelle. So ist der erste Reflex ein möglist natürlicher Holzleim für Schneidebrett.

In diesem Beitrag lernst Du:

  • Wie viel Leim in einem Schneidebrett steckt
  • Welche Anforderungen an Leim für Schneidebretter bestehen
  • Wann Leime giftig sind
  • Welche Leime besonders natürlich sind
  • Bonus für Selbermacher – was es zu beachten gibt

Liebes Scheidbrettguru-Team, ich habe da mal eine Frage…

Nicht selten bekomme ich Mails mit der Frage, nach dem verwendeten Holzleim für unsere Schneidebretter. Die Antwort ist dabei fast immer gleich. Da ich eigentlich nur Konstruktionen aus spezieller 3-Schicht Verleimung anbiete, erläutere ich dann sinngemäß:

Für die Flächen/Lagen untereinander Polyurethan-Leim, für die einzelnen Lamellen einen formaldehydfreien und toluolfreien 2-Komponenten Polymerleim mit Zulassung für Kinderspielzeug. Uff.

Ich muss zugeben, dass der unbedarfte Endverbraucher mit diesen Informationen nur wenig anfangen kann. Um dieses Thema verständlich behandeln zu können, muss man sich zuerst ein paar andere Faktoren anschauen.

Holzleim für Schneidebrett: Wie viel Leim steckt da eigentlich drin?

Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass nur der Leim auf der Schnittfläche relevant ist, mit dem man in Berührung kommen könnte.
Eine Leimfuge ist insgesamt etwa 1/10 mm dick. Das ist die Fuge an sich (also das, was man sieht) und der Leim, welcher jeweils ins Holz gepresst wird – also dort verankert ist.

Da ein normales Schneidebrett aus Langholz mit 30-40 cm Breite in der Regel aus 5-7 Lamellen verleimt wird (mal mehr, mal weniger), ergeben sich in dem gezeigten Beispiel 6 Leimfugen von 0,1 mm Dicke. Das sind maximal 0,6 mm Leim auf 35 cm Holz. Prozentual gesehen reden wir hier von 0,17% der Fläche. 

Holzschneidebrett Premium Brettevolution 1-10

Auf der einen Seite ist das relativ wenig – quasi nichts, was einen um den Schlaf bringen müsste. Auf der anderen Seite hängt von den 0,17% technisch ziemlich viel ab. Die entscheiden nämlich darüber, ob das Brett ein Brett bleibt oder auseinander fällt.

Sonderfall Hirnholz/Stirnholzbretter

Anders sieht der prozentuale Anteil bei Hirnstolz/Stirnholzbretter aus. Sie haben deutlich mehr Leimfugen. Ist das Brett quadratisch, verdoppelt sich logischerweise die Anzahl der Leimfugen. Rechteckig sind wir beim 3-5fachen – also aufgerundet ca. 1%. Einen Beitrag über Hirnholzbretter habe ich übrigens hier erstellt: Klick

Ganz schlimm wird es bei aufwändig verleimten Hirnholzbrettern mit 3-D Effekt oder sogenannten „Chaos-Pattern“, die aus vielen kleinen geometrischen Mustern bestehen.

Da ich hier keine fremden Bilder einfügen darf, gibts ein YouTube Video:

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Hier dürfte der Leimanteil auf der Schnittfläche bei 5-10 % liegen. Unabhängig vom konstruktiven Sinn solcher (durchaus dekorativer) Bretter, ist das schon eine ganz andere – und damit relevante – Hausnummer. Bei der Prozentzahl wären eventuelle Schadstoffe im Leim schon bedenklich.

Holzleim für Schneidebrett: Was muss der technisch eigentlich können?

Im trockenen Zustand haben eigentlich alle angebotenen Holzleime ausreichende Festigkeitswerte.

Im Gegensatz zu Möbel werden Schneidebretter nass gespült – und das teilweise mehrmals am Tag.

Jetzt beginnt der große Unterschied:

Dabei nimmt das Holz trotz Oberflächenbehandlung immer etwas Wasser auf.
Bei der Frage nach der Menge scheiden sich die Geister. Einige halten die Menge für so gering, dass der Einsatz von wasserfestem Leim deshalb nicht notwendig sei.

In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild:

Hier fallen Bretter zwar nicht gleich auseinander, aber die Leimfugen an den Hirnholzkanten öffnen sich bereits nach relativ kurzer Zeit (siehe Bild).

Die Gefahr lässt sich zwar auch auf konstruktive Weise durch z.B. eine Hirnleiste minimieren, macht den Leim aber auch nicht besser. Umkehrschluss: Würde nicht wasserfester Leim generell genügen, würden selbst billige Holzbretter vom Discounter jahrelang halten.

Es ist also keine schlechte Idee, bei den Anforderungen an die Leimqualität von der höchsten Beanspruchung auszugehen. Das wäre in diesem Fall dann so, als ob das Brett Witterungseinflüssen ausgesetzt ist.

Nominal wird das als “D4” bezeichnet. Preislich mag das im industriellen Maßstab ein Posten für den kalkulatorischen Rotstift sein, aber nicht in Manufakturen oder für die privaten Heimwerker.

Holzschneidebrett premium offene leimfuge

Holzleim für Schneidebrett: D4, D3 und wasserfest

Beim Begriff „Wasserfest“ gibt es einige Missverständnisse. Oft wird behauptet, D3 Leim sei wasserfest. Einfach aus dem Grund, weil es auf der Flasche steht: “D3 Leim wasserfest”. Dem Endverbraucher kann man also keinen Vorwurf machen.

Die Frage lautet also, wie man wasserfest definiert. Gemeint ist hier nämlich nicht der tatsächliche Kontakt mit Wasser, sondern die erhöhte Luftfeuchte bzw. Wasserdampf. Ich höre schon den Einwand: “Das ist doch auch Wasser”. Elementar gesehen ja. Jedoch kommt es auf die Konzentration an. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen Wasserdampf in der Luft und dem flüssigen Nass als solches.

Nehmen wir einfach mal die Umgebungsluft im geschützten Außenbereich. Normal ist eine relative Luftfeuchte von rund 60%. In Innenräumen kann diese im Bad nach dem Duschen bei 70% liegen. Regnet es draußen, beträgt im überdachten Freien die relative Luftfeuchtigkeit 80%, bei Nebel 100% – also Sättigung der Luft. Mehr geht im Freien nicht. Trotzdem können wir da noch atmen, aber der Fisch würde ersticken.

Was sind eigentlich 100% relative Luftfeuchte?

Wie viel die 100% nun tatsächlich in Wasser sind, hängt von der Lufttemperatur ab. Bei 20-25 Grad Celsius kann 1 m³ Luft ca. 20 gr. Wasser (ein Schnapsglas voll) aufnehmen, bei 15 Grad sind es nur noch 12,8 Gramm.

Dagegen stehen jetzt die hypothetischen 1000 Liter Wasser (also 1 t), die in einen Kubikmeter Raum passen. Direkter Kontakt mit Wasser ist also viel intensiver/nasser als mit Wasser gesättigte Luft. Oder anders formuliert: Wasser ich viel dichter als Wasserdampf. Einmal aufs Holz geregnet, bringt viel mehr Wasser ins Holz als bei Nebel.

Aus diesem Grund unterscheidet man bei Holzkonstruktionen allgemein zwischen “geschützter Außenbereich” (D3) und “witterungsfest” (D4). Was vom Gefühl her das gleiche ist, bedeutet physikalisch Welten.

Für Schneidebretter sollte also jedem einleuchten, dass die Nummer mit D3 oder sogar nur D2 Leim auf sehr wackeligen Beinen steht. Sobald Wasser in flüssiger Form mit im Spiel ist, führt aus technischer Sicht eigentlich kein Weg an D4 vorbei. Natürlich nur, sofern man für das ganze auch gerade stehen muss – sprich Garantie gibt.

Holzleim für Schneidebrett: wann Leim giftig ist

Bei der Schädlichkeit von (allen) Leimen muss man unterscheiden zwischen flüssig – also dem Leim als Produkt – und der ausgehärteten Fuge.

Im flüssigen Zustand sind nahezu alle synthetischen Leime gesundheitsschädlich. Schließlich handelt es sich um chemische Produkte. Das gilt eigentlich für alles was klebt – sei es der Bastelkleber aus der Tube oder der Klebestift, den man nur ungern essen möchte.

Die meisten (weißen) Holzleime basieren auf Wasser als Trägerstoff. Andere Leime/Kleber enthalten Lösemittel oder härten durch eine Reaktion zweier Komponenten aus.

Gefährlich ist in diesem Zusammenhang hauptsächlich, dass der Leim durch einen flüssigen Trägerstoff relativ leicht von der Haut aufgenommen werden kann. Eine anderer Beurteilungspunkt ist das Verschlucken des flüssigen Leims. Es ist also eher ein Warnhinweis für die Verarbeitung.

Ausgehärtet droht dagegen kaum Gefahr. Zum einen, da der dann feste Stoff nur schwer von der Haut aufgenommen wird. Zum anderen, da das Aushärten mit einer chemischen Reaktion einhergeht und sich der Leim dadurch verändert. Ich habe bis heute noch kein Warnschild mit der Aufschrift “Nicht an getrockneten Leim fassen!” gesehen.

Holzleim für Schneidebrett: Schädlichkeit in der Praxis

 

Es dürfte auf dem Markt kein Leim existieren, der als ausgehärtete Fuge gesundheitlich bedenklich ist. Diverse Zertifizierungen (z.B. Zulassung für Kinderspielzeug) sind eher Marketinginstrumente als Orientierung am alltäglichen Geschehen.

Bei Oberflächen-Mitteln ist die Unterscheidung durchaus sinnvoll, da sehr viel Fläche vorhanden ist.  Kinder nagen am Speilzeug wodurch sich Partikel lösen können. Leimfugen kann man dagegen nicht abnagen. 

Macht sich jemand Gedanken um die Spielkiste aus Birken-Sperrholz? Dieses Material ist beispielsweise mit Phenolharzleim verpresst (siehe Bild). Da gibt es eine E1-Norm, welche den Formaldehyd-Ausstoß regelt und das wars.

Jeder kommt mit Alltagsgegenständen in Kontakt, bei denen einfach normaler Holzleim verwendet wird. Oder bekommt es jemand wirklich mit der Angst zu tun, wenn das Kleinkind an der lackierten Tischplatte lutscht?

Ganz nüchtern betrachtet ist wasserfester D4 Leim im ausgehärteten Zustand folgendes: ein Kunststoff der nicht mehr wasserlöslich ist. Besser geht es nicht für Schneidebretter.

D3 Leim ist so gesehen eher gesundheitsschädlich, da der Kunststoff wasserlöslich ist und eher im Essen landen kann. 

Holzleim für Schneidebrett: Der Unterschied zwischen Spielzeug und Schneidebrett

Das Argument für eine besonders lebensmittelechten Leim besteht immer darin, dass auf dem Brett geschnitten wird und sich so Partikel lösen können. Das ist schwieriger als es klingt.

Versuchen Sie wirklich einmal, die Leimfuge aus einem Brett zu kratzen oder zumindest relevante Partikelmengen zu lösen. Es ist nahezu unmöglich. Da ist es deutlich einfacher, auf einem zerschnittenen Kunststoffbrett mit der Messerklinge versehentlich was weg zu kratzen.

Da gast beim Leim nach der vollständigen Durchtrocknung auch nichts aus. Wir reden immer noch von ein paar 0,1 mm breiten Leimfugen. „Holzleim für Schneidebretter“ bedeutet ja nicht, dass damit die Oberfläche des Bretts eingestrichen wird.

In diesem Zusammenhang ist in der Tat die Wahl der Oberflächenbehandlung relevanter. Wirklich skeptisch wäre ich nur bei Brettern, die aus optischen Gründen zum Teil aus Epoxidharz bestehen (ausgegossene Bretter), da das Material zu hart für Messerklingen ist.

In der Praxis ist es also eher so, dass das Holzbrett sehr stark verschlissen sein muss, damit sich Holz-Fragmente samt Leim lösen können. Doch dazu kommt es meistens nicht. Entweder das Brett wird schon vorher aufgearbeitet oder landet wegen hygienischer Unbenutzbarkeit beim Feuerholz.

Holzleim für Schneidbrett: natürliche Leime

Für den ökologisch orientierten Anwender sehen Nicht-Synthetische Leime nach der perfekten Alternative aus. Im Prinzip gibt es hier 2 Arten.

Einmal Kasein-Leim, welcher aus dem Käsestoff der Magermilch hergestellt wird und zum Großteil aus dem Eiweißstoff Albumin besteht. Dieser wird mit Wasser und Kalk angesetzt.

Er gilt zwar als wasserfest, jedoch nur im Spektrum der natürlichen Leime – also dem, was man früher hatte. Im Vergleich erreicht dieser nach heutiger Sicht maximal eine D3 Norm.

Das andere ist die Gruppe der Glutinleime, welche aus den Eiweißverbindungen von tierischen Abfällen gewonnen werden. Der Art des Abfalls ergibt den Namen des Leims. Dadurch gewinnt man Knochenleim, Hautleim und Fischleim.

Das rohe Granulat wird mit Wasser eingeweicht und dann in einem Leimkocher zu einer Masse in gewünschter Konsistenz verkocht. Diese Leime werden also heiß aufgetragen und Härten durch Abkühlen aus (ähnlich wie das Gelieren einer Demi-glace).

Durch spezielle chemische Zusätze bleibt der Leim aber auch kalt noch flüssig und lässt sich so gebrauchsfertig in Flaschen abfüllen. Der ist dann nicht mehr ganz so “Natur”.

Alle diese Leime lassen sich durch Wärme und Feuchtigkeit wieder lösen. Was beim Bau/Restauration von Möbel ein Vorteil sein kann, ist für Schneidebretter natürlich die Katastrophe.

Jetzt heißen die beiden Gruppen zwar “Natürliche Leime”, sind aber trotzdem nicht zum Verzehr geeignet. Denn: Diese Leime sind anfällig für Schimmel und Bakterienbefall. Das ist ziemlich weit weg von Hygiene in der Küche.

Holzleim für Schneidebrett: Tipps für Selbermacher

Wer ein Schneidebrett selbst herstellen möchte, hat nun die Qual der Wahl. Wie bereits erwähnt, sollte der Leim eine D4-Norm erfüllen. Dabei hat man die Auswahl zwischen D3-Weissleim und Zusatz (der aus D3 D4 macht), fertigem D4 Weissleim und Polyurethan-Leim.

2-Komponenten EPI-Leim ist zwar sauteuer, aber die technischen Werte sind überragend.

Bei der Verarbeitung gibt es nun ein paar Eigenheiten zu beachten. Weissleime (PVAC) brauchen eine glatt gehobelte Oberfläche. Deshalb die ist Qualität der Fügekanten besonders wichtig. Wer möchte, kann nach dem Aushobeln noch einmal mit dem scharfen Handhobel die Kante veredeln. Das sorgt für eine perfekte Passform der Fuge.

Alternativ ist der Einsatz eines Verleimprofils zu empfehlen. Das erhöht die Leimfläche und die Stöße werden exakt bündig.

Wird PU-Leim verwendet, muss die Oberfläche rau sein damit er hält. Wahlweise sehr grob geschliffen (max. 80er Korn) oder direkter Sägeschnitt. Bei meinen Brettern aus 3 Lagen werden die zu verleimenden Flächen deshalb kalibriert.

Der Vorteil für Flächenverleimungen besteht auch darin, dass PU-Leim durch Feuchtigkeit aushärtet. Im Gegensatz zu wasserbasiertem Weißleim bringt er also keine Feuchtigkeit ins Holz, sondern behält eher den natürlichen Feuchtegehalt. Denn durch den Kapillareffekt nimmt Holz Wasser schneller auf als es abzugeben.

PU-Leime gibt es je nach Hersteller in verschiedenen Farben von weiss bis braun. Je nach verwendeter Holzart würde ich hier die Marke wählen damit die Fugen nicht unnötig auffallen.

Holzleim für Schneidebrett: Zusammenfassung

Im Prinzip muss jeder selbst entscheiden, was für einen wichtig ist. Die Sorge um Schadstoffe bei einer ausgehärteten Leimfuge besteht eher theoretisch als praktisch.

Selbst bei sogenannten „Chaos-Mustern“ mit sehr viel Leimfläche ist es praktisch nahezu unmöglich, Leimpartikel durch das Schneiden auszulösen. Ob diese Bretter holztechnisch Sinn ergeben, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Eine weitaus größere Gefahrenquelle ist die Oberflächenbehandlung. Hier kann man bei der Wahl des Öls sehr viele Fehler machen wenn vergessen wird, dass man mit der Zeit die Oberfläche wegschneidet.

Da das Werkstück letztlich halten soll, ist die Wasserfestigkeit des Leims der primäre Faktor. Denn was bringt es denn, relativ viel Geld oder Zeit (beim Selbermachen) in ein Schneidebrett zu stecken, was nach kurzer Zeit unter Wassereinfluss Schaden nimmt?

Nachhaltigkeit heißt für mich in erster Linie maximale Haltbarkeit und keine geplante Obsoleszenz mit Bio-Etikett.

Links zum Thema:

Deutscher Traditionshersteller von Leimsystemen: klick

Wenn Du Dein Schneidebrett ölen willst bzw. was zur Nachpflege brauchst (ja, brauchst Du ;-)) , dann schau mal unser Schutzschild an…