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Die Frage „Holz oder Kunststoff“ wird in den Medien regelmäßig durchgekaut. Trotzdem herrscht immer noch große Verwirrung. Die einen sagen, Küchenbretter aus Holz sind viel hygienischer, andere genau das Gegenteil. Doch die Wahrheit ist eine andere. Holz KANN hygienischer sein, Kunststoff aber genau so.
Das erste Missverständnis liegt beim Begriff „Holz“. Bei der Eignung von Holz als Schneidebrett wird immer hochtrabend mit Studien geworben. Aber diese hatten ursprünglich mal einen ganz anderen Zweck:
Damals ging es um Paletten zur Lagerung von Lebensmitteln aus Nadelholz (Kiefer) und Kunststoff. Ist das repräsentativ für Schneidebretter?
Paletten werden nicht gereinigt (während Ware darauf lagert) und hier hat das harzige Holz der Kiefer (mit dessen antibakterieller Wirkung) seine Karten besser ausgespielt als der neutrale Kunststoff.
Aber Kiefer ist als Schneidebrett nicht wirklich geeignet oder zumindest nicht üblich. Nur wird das komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Denn es macht einen riesigen Unterschied, ob ich Paletten aus Kunststoff (mit Ware belagert) betrachte oder ein Schneidbrett. Ein Schneidbrett (egal aus welchem Material) wird gespült; Paletten nicht – denn sonst wird die Ware ja nass. Und genau das war auch der Sinn der Studie:
Was ist hygienischer, wenn es keine Möglichkeit zur Reinigung gibt.
Ist das Holz sehr trocken, kann es die Feuchtigkeit aus dem Nährboden der Bakterien (geringe Mengen Lebensmittelreste) aufnehmen. Dadurch wird den Mikroorganismen das Wasser als Lebensgrundlage entzogen. Das ist dann ähnlich wie ein Dörr-Prozess.
Schneidebrett Holz oder Kunststoff: Holz und der mysteriöse antibakterielle Stoff
Ein weiteres Missverständnis besteht in der Annahme, dass Holz generell Gerbsäure enthält. Das wäre wünschenswert, denn diese tötet Viren und Bakterien.
In Wirklichkeit enthalten aber nur einige Holzarten Gerbsäure. Typisch sind:
- Eiche
- Nussbaum
- Esche
- Edelkastanie
- Robinie
- manche Mahagoni-Arten
Gerbsäure – oder auch Tannin, ist nur begrenzt in Holz bzw. einem Schneidebrett vorhanden. Mit der Zeit wird der Stoff ausgewaschen. Und wie bei jeder Säure nimmt die Konzentration mit zunehmender (Holz)feuchte (durch das Spülen) ab.
Ist das Holz zu nass, entsteht auch hier ein Paradies für Keime. Kommen dann noch mit der Zeit Risse im Holz hinzu, wird dieser Vorgang nochmals begünstigt. Wenn dem nicht so wäre, würden besagte Holzarten im Wald niemals verrotten.
Bezüglich Schneidebrett schafft nur Masse/Volumen Abhilfe. Konkret bedeutet das, möglichst dicke Bretter, damit die Holzfeuchte nur langsam steigt. So arbeitet das Holz nur wenig und es ist ein natürlich großes Depot an Gerbsäure vorhanden. Jedoch ist nicht jedes Holz dafür geeignet; eine Übersicht gibt es HIER
Schneidebrett Holz oder Kunststoff: Hygiene bei Kunststoff
Bei einem Schneidebrett aus Kunststoff kommt es darauf an, dass es sich um hochdichten Kunststoff (z.B. PE HMW) handelt und die Schnittspuren regelmäßig entfernt werden. Sind diese Bedingungen erfüllt, ist er sogar hygienischer als Holz. Der Grund ist ganz einfach: hochdichter Kunststoff nimmt kein Wasser auf. Also ist diese Kuh schon mal vom Eis.
Was die Anhaftung von Lebensmittelresten angeht, hat dieser Stofff auch Vorteile. Die Oberfläche ist aufgrund ihrer hohen Molekül-Dichte automatisch abweisend – da hält nichts drauf: kein Lack, kein Öl, kein Kleber.
Demnach auch keine Speisereste. Man kennt das vielleicht von Spachteln aus Kunststoff: Kleber oder die Spachtelmasse auf Epoxidharz-Basis lässt sich nach dem Aushärten ganz einfach entfernen.
Aus dieser Sicht betrachtet, ist eine glatte Kunststoff-Oberfläche bezüglich Hygiene der ideale Untergrund. Die Logik lautet demnach: Holz ist mit gutem Willen hygienisch, wenn es nicht gespült wird. Aber mal ganz ehrlich – wer spült denn seine Schneidebrett nicht?
Von daher ist nur relevant, wie hygienisch das Material bzw. die Oberfläche nach dem Spülen ist.
Jetzt kommt die Krux bezüglich Kunststoff und Spülen
Billiger Kunststoff (PE LD oder PE LLD, das sind diese dünnen und billigen Brettchen) nimmt neben Wasser auch Gerüche und Farbstoffe auf. Das Material ist nicht so dicht wie PE HMW.
Es ist also keine grundsätzliche Frage des Materials, sondern der Pflege.
Nur geht der Laie (oder die konventionellen Medien) immer davon aus, dass niemand Holzbretter abschleift oder Kunststoff nacharbeitet. Klingt kompliziert, ist aber in der Praxis beileibe kein Hexenwerk und von jedem machbar der auch ein Messer unfallfrei halten kann.
Eine genauere Beschreibung wie man Bretter aus Holz und Kunststoff reinigen kann gibt es hier:
Schneidebrett Kunststoff reinigen: klick
Schneidebrett Holz reinigen: klick
Video wie man Schnittspuren in Kunststoff Schneidebretter entfernt: klick
Schöner Beitrag. Ich habe einen guten Überblick über die Varianten mit Kunststoff oder Holz bekommen. Vielen Dank.
Gern geschehen. Falls Sie noch etwas wissen möchten – melden Sie sich gerne 🙂
LG Michael
Hey,
Danke für die Zusammenfassung. Stimme dir da zu. Am Ende geht es vor allem um die Pflege, dann eignen sich beide Materialien super!
LG,
Kai
Hallo Schneidbrettguru
Wie so oft sollte man auch auf die Hygiene seines Schneidbrettes achten. Leider sind Kunststoffbretter meistens sehr weich und sind schnell zerschnitten.
Welches Kunststoffbrett hast du den und würdest es empfehlen?
Grüße Andreas
Hallo Andreas,
vernünftige Kunststoff-Bretter sollten aus mindestens „PE HD“ bestehen. Besser noch PE 500. Das ist dann das Material, was in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird und beim Zerlegetisch des Metzgers Verwendung findet.
Jedes Kunststoff-Modell besteht bei uns aus PE 500. Da die Oberfläche (wie richtig erkannt) nach einiger Zeit Schnittspuren bzw. „Schneidbrett-Plaque“ bekommt, braucht man noch etwas zum intensiven reinigen. Deshalb bekommt jeder noch einen geschärften Hygieneschaber. Mit dem gelingt das ganz einfach und die Oberfläche ist wieder glatt.
Liebe Grüße
Michael