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Hier erfährst Du: warum ein Schneidebrett nicht immer antibakteriell ist, ob Kunststoff wirklich schädlich ist und wie Du lose Partikel beim Schneiden vermeidest.

Wenn es um die Wahl des Materials für ein Schneidebrett geht, stellt auch immer die Frage nach losen Teilchen, die sich eventuell beim Schneiden von der Oberfläche ablösen. Alleine die Vorstellung dass diese jetzt im Essen landen und so unter Umständen im Körper Schäden anrichten, bereitet vielen Unbehagen.  Reflexartig glaubt man mit Holz – als natürlichem Stoff – auf der sicheren Seite zu sein. Aus diesem Grund greifen die meisten bei dieser Frage auch eher zu Holzbrettern.

Diese Sorge bzw. Entscheidung ist nachvollziehbar. Im ersten Moment geht man ja auch davon aus, dass Kunststoff schädlich ist und Holz unbedenklich. Aber ganz so einfach ist es leider doch nicht. Ich weiss, jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung – aber lasst uns doch zuerst mal die Fakten klären…

PE ist eigentlich Hightech-Material

Gerade wenn man über Polyethylen als Schneidauflage redet, sollte man sich über dessen Anwendungsspektrum bewusst sein. Denn Polyethylen wird als ultra hochdichte Version (PE-UHMW) auch zur Herstellung von künstlichen Gelenken z.B. Hüftprothesen verwendet. Eine Verträglichkeit mit dem Körper ist also absolut vorhanden. (Und denkt man an gelegte Bypässe aus Kunststoff, dann relativiert sich die Angst wieder.)

Was passiert also in Wirklichkeit?

Nimmt man jetzt kleine Partikel zu sich, werden diese einfach unverdaut wieder ausgeschieden. Denn dieser Kunststoff ist als PE 500 (HMW) und PE 1000 (UHMW) (Magen)säurefest. Etwas anderes sind natürlich billige Kunststoffe – die sind das nicht. Hier werden durch die Zersetzung eventuell Schadstoffe freigesetzt und Mikropartikel können sich im Körper einlagern.

Darüber hinaus: Jemand der ganz empfindlich auf dieses Thema reagiert,  dürfte in fast keinem Restaurant mehr essen gehen. Denn dort wird zum überwiegenden Teil Kunststoff eingesetzt; und da wird deutlich mehr geschnitten als zuhause!

Ist Holz automatisch unbedenklich?

Holz hingegen ist auch nicht immer so ungefährlich für den Körper wie man glaubt. Es ist schon seit langem bekannt, dass Holzstaub Krebs verursacht und manche Holzarten (vorzugsweise aus den Tropen) können wegen der Inhaltsstoffe schwere Reizungen verursachen. Das ist nämlich der Unterschied: die Inhaltsstoffe in Holz lösen sich viel leichter als die in Kunststoff, vor allem in Wasser – was ja ein elementarer Bestandteil unseres Körpers ist. Ob nun Holz ungefährlicher als Kunststoff (hochdichtes Polyethylen) ist, kann man also nicht pauschal beantworten.

Der empfundene Eindruck rührt eher daher, dass Holz als Eis-Stil, Zahnstocher (Buchenholz) oder Ess-Stäbchen verwendet wird. Wobei die Gründe hier eher die verminderte Verletzungsgefahr ist, denn kurzfaserige Hölzer erzeugen keine langen und scharfen Splitter. Zudem wird das Holz ja nicht gegessen, sondern nur mit der Mundschleimhaut gebracht. Der Vergleich hinkt also etwas – denn so betrachtet macht sich ja auch keiner gesundheitliche Sorgen bei einem Strohhalm aus Kunststoff oder den Borsten der Zahnbürste.

Künstlicher Holzschutz

Ein Schneidebrett aus Holz ist nicht immer roh – von daher muss man auch betrachten ob da was drauf ist, aber vor allem was.  Würdest Du Olivenöl auch noch verwenden, wenn es wochenlang auf einem Teller nicht abgedeckt im Zimmer gestanden hat? Vielleicht wenn es dann auch noch ranzig geworden ist?

Diese Frage wird meistens mit einem klaren NEIN beantwortet. Genau das gleiche hat man aber, wenn Holz mit Olivenöl (generell Speiseöl) behandelt wird – man also den unzähligen Tipps aus dem Netz und der Glotze folgt. Es zieht zwar ein, härtet aber nicht aus und wird deshalb ranzig oder im schlimmsten Fall schimmelt es. Von daher ist das eine richtige Sauerei und die Frage nach der Unbedenklichkeit wäre in diesem Zusammenhang eher Ironie.

Verwendet man Öle die aushärten, sind die maximal schweiss-und speichelecht – also für Kinderspielzeug geeignet. Das ist Polyethylen aber auch bzw. jeder BPA-freie Kunststoff. Es gibt also nicht die eine absolut unbedenkliche Lösung – vor allem nicht Holz. Die Alternative besteht wirklich darin auf Glas zu schneiden. Das ist ohne jeden Zweifel „rein“ und frei von jeglicher „Vorbelastung“. Damit killt man aber auch die Messer und man muss mit sehr geringem Druck schneiden können – denn auch Glas hat seine Grenzen. Und wenn ich das dann schon kann, dann kann ich auch gleich auf Holz oder Kunststoff schneiden.

Was ist eigentlich mit Mineralwerkstoff?

Vielleicht kennt der eine oder andere noch Bretter/Schneidunterlagen aus Mineralwerkstoff. Wem das nichts sagt, der hat vielleicht schon einmal die Firmennamen Corian, HI-Macs oder Avonite gehört. Gibts auch Spülbecken oder Arbeitsplatten daraus. Ähnlich ist auch Epicurean oder irgendwelche Papier-Laminate. Diese „neuen Materialien“ gelten in bestimmten (Laien)Kreisen als das Optimum.

Sie mögen zwar alle kein Wasser aufnehmen und meinetwegen hohe Temperaturen vertragen. Aber sie sind sehr hart und verursachen daher mal gerne Klingenausbrüche beim Verkanten.

Vor allem eine Sache wird gerne verschwiegen:

sie bilden sehr viele Partikel beim Schneiden. Warum ist auch schnell erklärt: Jeder homogene Stoff der sich 1a schleifen lässt, zerfällt auch beim schneiden in kleine Schleifpartikel. Denn die Schleifkörner auf dem Papier sind wie ein zarter Messerschnitt.

Von daher ist das sogar der absolut ungeeignetste Stoff wenn sich die Frage nach Partikeln im Essen stellt.

Fazit:

Letztlich ist es also eine reine (Achtung: Wortwitz) “Geschmacksfrage” was man verwenden möchte. Denn die einzige Möglichkeit dem ganzen Thema zu entgehen ist es die Oberfläche (egal ob Holz oder Kunststoff) regelmäßig zu glätten (Abtragung der obersten Schicht) und das Schneidebrett dadurch antibakteriell zu machen. So entstehen erst gar keine losen Fragmente die man mit der Nahrung aufnehmen könnte. Und im übrigen: man kann auch mit so wenig Druck schneiden, dass sich erst gar keine Fragmente lösen…