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Letztes Update März 2020: In diesem Artikel erfährst Du, welches Schneidebrett Material das beste für Deine Messer ist und warum ein Küchenmesser mit der Zeit stumpf wird.

Bei der Frage nach dem richtigen Material als Schneidunterlage geht es neben der Hygiene und möglich abgelöste Partikel auch um die Haltbarkeit der Messerschärfe.

Stünde die Hygiene im Vordergrund, würde man einfach auf Glas oder Stahl schneiden. Diese sind so dicht und hart, dass keine Schnittspuren oder Flecken entstehen. 

Aber natürlich machen diese Werkstoffe die Klinge schnell stumpf. Es muss also ein Kompromiss gefunden werden. Was damit unvermeidbar ist: es werden unweigerlich Schnittspuren entstehen, ob man will oder nicht. Die Alternative wäre dauerhaft stumpfe Klingen.

Die Frage ist also nicht, was am besten durch das Lebensmittel schneidet. Denn dieses ist im Normalfall immer so weich, dass es fast keine Rolle für die Dauer der Klingenschärfe spielt.

Dann möglichst weiche Schneidunterlage?

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist nun, dass es auf die Materialhärte ankommt. Normal hat man die Wahl zwischen diversen Kunststoffen, Holz und sogenannten Compound-Materialien. Das sind Werkstoffe auf Holz-und/oder Mineralbasis.

Kommt es jetzt auf die Härteunterschiede der Materialien an – also je weicher desto besser? Leider ist dem nicht so. Schneidet man als Beispiel auf weichem Ton, dann würde sich die Klinge viel schneller abnutzen als wenn man auf härterem Holz schneidet. Der Grund ist auch klar: Ton enthält mehr schleifende Mikropartikel/Mineralien.

Die Frage ist also eher, in welchem Maß die Schneidunterlage durch die Werkstoffzusammensetzung die Klinge abnutzt. Die Härte ist zufälligerweise bei Stahl und Glas ein Faktor. So gibt es Werkstoffe, die ähnlich hart wie Stahl sind, aber Klingen eben nicht schneller stumpf werden lassen als Holz.

Schneiden auf Holz ist wie Holz bearbeiten

So gesehen, geht es jetzt um die Bearbeitung eines Werkstoffs. Als exemplarisches Beispiel nehmen wir Holz und Kunststoff. Sieht man das von dieser Seite aus, wird das Messer zum Schneidwerkzeug. In diesem Punkt ist das Rad bereits erfunden, da diese täglich weltweit in großen Mengen spanend bearbeitet werden.

Die Auswahl des Stahls für Kochmesser unterliegt aber anderen Gesichtspunkten als wenn es um Werkstoffbearbeitung geht.

Wenn dem so wäre, würde Messer-Hersteller XY klare Empfehlungen bezüglich Schneidunterlagen geben: „Dieses Messer ist für Kunststoff-Schneidebretter entwickelt worden“. Worin sich die Stähle für Messer aber hauptsächlich unterscheiden ist (neben der Zusammensetzung) die Härte. Diese wird in Rockwell angegeben. Bei Messer gibt es meistens Werte zwischen ein paar 50 und ein paar 60. Japanische Messer sind in der Regel härter als europäische. Mittlerweile verwenden aber auch europäische Hersteller japanische Zusammensetzungen, die sich höher Härten lassen.

Schneidet man nun mit dem Messer auf Holz, ist das so als würde man es in der Form bearbeiten wollen. In diesem Fall spielt die Standzeit eine große Rolle – also wie lange die Klinge scharf bleibt.

Das ist in der Praxis stark von der Holzart abhängig. Die eine stumpft die Messer schneller ab als die andere. Das kommt daher, weil Holz bestimmte Inhaltsstoffe hat, wie z.B. Silikate oder metallische Verbindungen. Damit sind keine Bombensplitter oder Nägel gemeint, sondern Ablagerungen.

Ebenso stumpft nasses Holz die Klinge schneller ab als trockenes. Klingt verwirrend, aber im Sägewerk können die ein Lied davon singen.

Für was ist eigentlich ein Messer gedacht?

Das Problem besteht nun darin, dass auf der einen Seite das Schneidebrett unfreiwillig bearbeitet wird, auf der anderen Seite aber Lebensmittel geschnitten werden sollen. Der Zweck eines Messers steht jedoch darin, Lebensmittel zu schneiden. Von daher spielt die spanende Bearbeitung 

Wäre das die Aufgabe, dann würde man eher Richtung Säge gehen und es würden durch die Schnittbewegung kleine Sägespäne “abgehobelt” werden. Denn genau betrachtet ist ein Sägeblatt wie viele kleine Hobel hintereinander (die einzelnen Sägezähne), weshalb der Sägeschnitt ja auch eine bestimmte Breite hat.

Nicht umsonst verwendet man ja auch für Brot und angefrorene Lebensmittel ein Messer mit Wellenschliff, was im Prinzip hier die gleiche Aufgabe wie ein Sägeblatt erfüllt.

Bei einem Messer wird allerdings (im Gegensatz zur Säge) keine Schnittbreite produziert, sondern das Material nur durchtrennt. Und hier hat Kunststoff (PE HMW) mit seinen gleitenden Eigenschaften die Nase vorne. Holz hat nämlich oft sehr viele Silikate oder mikrofeine metallische Einschlüsse, wodurch die Klinge schnell stumpf wird. Gleiches Prinzip bei Bambus, gerade weil hier sehr viele Silikate vorhanden sind.

Nur schafft das Messer nicht wirklich das Holz zu durchtrennen. Das merkt man auch wenn man mit einem scharfen Messer auf dem Brett schneidet: es klemmt sich irgendwie zart fest und gleitet nicht leicht darüber. So etwas kann nicht gesund für die Schneide sein. Wenn man jetzt noch durch harte und weiche Jahresringe schneidet bzw. die Einlagerungen betrachtet, dann kommt das einem „verkorksten Spaltversuch“ gleich. Im Gegensatz zu einem Hobel – wo eine Seite frei ist bzw. man einen Span von ein paar Hundertstel Millimeter abhebt –  keilt sich die Klinge des Messers dauerhaft im Holz fest.

Mit dem Messer schneiden ist verkümmertes Spalten

Es besteht allerdings ein Unterschied ob ich Holz gezielt spanend bearbeiten möchte, oder nur zufällig durch schneide. Das eine ist ein optimierbarer Prozess wie er z.B. bei Holzbearbeitungswerkzeugen vorkommt. Dort hat man andere Winkel die auf das Holz treffen. Mit diesen lassen sich aber wiederum schlecht Lebensmittel schneiden. Ein Schneidebrett aus Holz ist also so gesehen während des Schneidvorganges mit dem Messer eine unfachmännische Holzbearbeitung mit falschem Werkzeug.

Wie gesagt: Die Klingenform wurde optimiert um Lebensmittel schneiden zu können, nicht den Untergrund!

Was ist die Alternative?

Im Prinzip gibt es nur die Option das Eindringen der Klinge in die Unterlage zu minimieren. Und genau das ist auch die Lösung: Wenn möglich keinen oder nur ganz wenig Kontakt zur Schneidauflage. Machen die japanischen Sushimeister auch so. Da wird nur durch das Lebensmittel geschnitten aber nicht in der Auflage rumgehackt.

Und wen wundert es: Auch die benutzen mit ihren super scharfen Messern unter anderem Schneidebretter aus Kunststoff. Warum? Gleiche zärtliche Schnitttechnik. Davon abgesehen besitzt ein Schneidebrett aus Kunststoff bzw. das Material PE HMW sehr gute Gleiteigenschaften. Schneidet man hier mit dem Messer hinein merkt man gleich wie leicht das im Gegensatz zu Holz geht. Das ist selbstredend weniger belastend für die Klinge.

Insgesamt ist es also egal welches Schneidebrett man verwendet. Es ist ohnehin das Ziel keinen Kontakt zur Auflage zu haben und nur durch das Lebensmittel zu schneiden.

2 wissenswerte Fakten…

Warum die Japaner trotzdem Holzbretter haben?

Weil so der Fisch besser Raumtemperatur annimmt. Holz ist nun mal wärmer als Kunststoff bzw. speichert die Wärme besser.

Warum die Metzger ursprünglich Hackklötze aus Holz verwendet haben?

Weil diese leichter mit Holzbearbeitungswerkzeugen aufzuarbeiten sind. Ist da mal ein Spalt drin kann man ihn einfach mit einem anderen Stück Holz (Dübel) ausleimen. Bei Kunststoff geht das leider nicht, da hält kein Kleber.

Warum ein Messer noch stumpf wird…

Eher spielt auch die chemische Beschaffenheit des Lebensmittels eine Rolle. Wird viel Obst mit Fruchtsäure geschnitten, dann laugt das die Klingen nicht rostfreier Stähle direkt an der Schneide aus und das Messer wird schneller stumpf. Das kann man ganz gut an Aufschnittmaschinen sehen, denn diese haben ja keinen Kontakt zu irgendeiner Schneidauflage und müssen trotzdem von Zeit zu Zeit nachgeschärft werden. Deshalb bestehen diese Messer meist aus Edelstahl um diesen Effekt zu minimieren. Und selbst Edelstahl (allgemein nicht rostender Stahl) ist nicht resistent gegenüber chemischen Einflüssen: Salz nagt auch hier an der Beschaffenheit (deshalb gibt es Meerwasserbeständiger Edelstahl) , und da viele Lebensmittel (Wurstwaren) Salz enthalten ist die Abnutzung deshalb nicht unbedingt mechanisch, sondern chemisch.